Zeitgeschichtliche Veranstaltungsreihe | Aktuelle Nachrichten und Informationen

Bundesministerin a.D. Gerda Hasselfeldt sprach zu 35 Jahren Deutsche Einheit - Rückblick und Ausblick

Zeitgeschichtliche Veranstaltungsreihe

Am 13. November 2025 fand eine weitere zeitgeschichtliche Veranstaltung der Stadt Neustadt (Hessen) im Kultur- und Bürgerzentrum statt. Hierzu konnte Bürgermeister Thomas Groll rund 120 interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer begrüßen.

Die musikalische Umrahmung hatte wieder das "Trio Semplice" & Friend übernommen. Den vier Musikern dankte der Bürgermeister ganz herzlich dafür, dass sie seit Anfang der Reihe im Jahr 2009 bis auf wenige Ausnahmen immer mit dabei waren. Unter dem Applaus der Anwesenden bat er sie, auch 2026 wieder zur Verfügung zu stehen, wenn u.a. der ehemalige Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (25 Jahre 9/11) und Bundesverfassungsrichter Henning Radtke (80 Jahre Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse) nach Neustadt kommen.

Gerda Hasselfeldt entstammt einer bayerischen "Politikerdynastie". Ihr Vater war Bürgermeister, Landtags- und Bundestagsabgeordneter. Ihr Bruder Alois Rainer amtierte zunächst ebenfalls als Bürgermeister, wurde dann in den Bundestag gewählt und ist seit 2025 Bundeslandwirtschaftsminister.

Die CSU-Politikerin gehörte dem Deutschen Bundestag von 1987-2017 an, war Bundesbau- und Gesundheitsministerin und Vize-Präsidentin des Parlamentes. Als bisher einzige Frau stand sie der CSU-Landesgruppe im Bundestag vor, ein Amt von besonderer Bedeutung. Bürgermeister Groll charakterisierte die ehemalige Spitzenpolitikerin, aktuell noch Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes und Vorsitzende des ZDF-Fernsehrates, als meinungsstark, diplomatisch, aber zugleich auch durchsetzungsfähig.

Gerda Hasselfeldt lobte eingangs Grolls Engagement für diese Veranstaltungsreihe und zeigte sich angetan von ihrem Besuch im "Neustädter Kunstcafé", dass ihr ausgesprochen gut gefallen habe.

Den Mauerfall am 9. November 1989 bezeichnete sie als einen Glücksfall der deutschen Geschichte, der von den Menschen in der damaligen DDR mutig und friedlich erkämpft wurde. Sie sei dankbar dafür, als Bundesministerin den Prozess der deutschen Wiedervereinigung 1989/90 miterlebt und auch ein wenig mitgestaltet zu haben.

Eindrücklich schilderte sie ihre persönlichen Empfindungen in diesen Monaten. Sie erinnerte an den 10 Punkte-Plan Helmut Kohls vom November 1989, der ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Einheit gewesen sei und den Besuch des Bundeskanzlers vier Wochen später in Dresden.

Es habe keine "Blaupause" für die Entscheidungen in 1990 gegeben und man habe unter großem zeitlichem Druck handeln müssen.

Gerda Hasselfeldt thematisierte bei ihrem Rückblick auf jene geschichtsträchtige Zeit die Volkskammerwahl vom 18. März 1990, die nachfolgende Einführung der D-Mark in der DDR und den erfolgten Beitritt der "neuen" Bundesländer zur "alten" Bundesrepublik am 3. Oktober 1990.

"Nicht alles ist in der Nachschau gelungen, aber die Grundsatzentscheidungen waren richtig. Es war für alle Deutschen eine große Umstellung. Wir im Westen hätten manchmal auch etwas weniger Vorbehalte haben sollen. Gerade in den Bereichen der Kinderbetreuung oder der medizinischen Versorgung in der Fläche hätten wir etwas vom Osten lernen können", so die ehemalige Ministerin.

Gerda Hasselfeldt verhehlte nicht, dass sie sich um die Entwicklung in Deutschland schon ein wenig sorge. Die Populisten erhielten Zulauf, ohne Lösungen parat zu haben. Die Polarisierung in Politik und Gesellschaft nehme zu und allzu oft werde nur schwarz-weiß gedacht.

Es sei Aufgabe der staatstragenden Parteien die Stärke unseres Landes wieder mehr hervorzuheben. Wir hätten eine starke und engagierte Zivilgesellschaft und müssten diesen Schatz bewahren. Unser Land braucht eine starke Mitte, mehr Respekt und den Mut zu vernünftigen Kompromissen.