Volkstrauertag | Aktuelle Nachrichten und Informationen

"Der Frieden ist das Meisterwerk der Vernunft"

Volkstrauertag

Am vergangenen Sonntag fand deutschlandweit der Volkstrauertag statt. Auch in Neustadt, Momberg, Mengsberg und Speckswinkel wurden Gedenkveranstaltungen durchgeführt. Der Dank des Magistrates gilt allen Sängerinnen, Sängern und Musikanten sowie den Fahnenabordnungen der örtlichen Vereine und den Soldaten der Bundeswehr, die durch ihre Teilnahme für einen würdigen Rahmen sorgten. Natürlich sei auch den Bürgerinnen und Bürgern gedankt, die den Weg zu den Ehrenmalen fanden.

Nachfolgend Auszüge aus der Ansprache von Bürgermeister Thomas Groll.

„Der Volkstrauertag ist ein Tag des Erinnerns und des Nachdenkens. Ein Tag, an dem wir der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedenken – und zugleich darüber nachdenken, was ihr Schicksal für unser heutiges Handeln bedeutet. In diesem Jahr jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum achtzigsten Mal.

1945 – dieses Jahr markierte das Ende eines beispiellosen menschlichen und moralischen Zusammenbruchs. Der Krieg, den Deutschland entfesselte, brachte unermessliches Leid über Europa und die Welt – und schließlich auch über das eigene Land. Millionen Menschen verloren ihr Leben. Zahlreiche Städte lagen in Trümmern, zerstört durch Bombenangriffe, in denen unzählige Zivilisten starben – Männer, Frauen und Kinder, die keine Schuld trugen.

Wir denken an sie, an die Mütter, die ihre Kinder verloren, an die Alten, die in Kellern verbrannten, an all jene, deren Leben im Lärm der Zerstörung endete. Wir erinnern auch an die vielen, die in den letzten Kriegsmonaten und in der Zeit danach auf der Flucht und Vertreibung ihr Leben verloren.

An die Menschen aus Schlesien, Ostpreußen, Pommern und dem Sudetenland, die ihre Heimat verloren, die in Kälte und Hunger starben oder auf der Ostsee ertranken. Ihre Schicksale mahnen uns, wie sehr Krieg immer zuerst die Zivilbevölkerung trifft.

Und wir gedenken der Opfer des nationalsozialistischen Terrors: der Millionen Jüdinnen und Juden, der Roma und Sinti, der Homosexuellen, der politischen Gefangenen, der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter – all jener, die in den Konzentrations- und Vernichtungslagern entrechtet, gequält und ermordet wurden. Ihr Leiden darf niemals vergessen werden.

Nach 1945 lag Deutschland in Schutt und Asche. Aber aus diesen Trümmern wuchs der Wille, neu zu beginnen – auf den Fundamenten von Demokratie, Menschenwürde und Frieden. Aus Feinden wurden Partner, aus Gegnern Freunde. Europa fand zu Verständigung und Zusammenarbeit.

Das war keine Selbstverständlichkeit – es war das Ergebnis harter Arbeit, von Versöhnung und Vertrauen. „Der Friede ist das Meisterwerk der Vernunft“, sagte einst Immanuel Kant (1724–1804), deutscher Philosoph der Aufklärung,

Dieser Friede war und bleibt ein Geschenk, das wir bewahren müssen. Denn er ist nicht selbstverständlich – das zeigt uns der Blick in die Gegenwart nur allzu deutlich.

Heute, im Jahr 2025, erleben wir wieder eine Zeit des Unfriedens. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat uns alle erschüttert. Er hat die europäische Friedensordnung in Frage gestellt und uns gezeigt, dass Frieden und Freiheit verteidigt werden müssen – auch militärisch, wenn es keine andere Wahl gibt.

Auch im Nahen Osten, in Afrika und in anderen Regionen der Welt herrschen Gewalt, Terror und Leid. Wir sehen, dass Frieden keine Selbstverständlichkeit ist, sondern täglich neu erarbeitet und geschützt werden muss.

Darum denken wir heute auch an die Frauen und Männer der Bundeswehr, die ihren Dienst für unser Land tun – in Deutschland, in Europa und in internationalen Einsätzen. Sie stehen für den Schutz unseres Friedens, für unsere Sicherheit, für unsere Werte.

Verteidigungsbereitschaft bedeutet nicht, Krieg zu wollen. Sie bedeutet, Frieden bewahren zu wollen – mit Entschlossenheit, mit Verantwortung und im Bewusstsein unserer Geschichte.

Wir als Gesellschaft stehen in der Pflicht, unsere Soldatinnen und Soldaten zu unterstützen, ihnen Respekt und Rückhalt zu geben. Denn sie tragen Verantwortung – stellvertretend für uns alle. Der Volkstrauertag richtet sich aber nicht nur an die großen Fragen von Krieg und Frieden.

Er richtet sich auch an jeden Einzelnen von uns. Er mahnt uns, Toleranz gegenüber jedermann zu üben – unabhängig von Herkunft, Religion oder Weltanschauung. Denn Intoleranz ist der erste Schritt auf einem gefährlichen Weg. Ein Weg, den unser Land schon einmal gegangen ist – mit verheerenden Folgen.

Gerade in einer Zeit, in der Populismus, Hass und Hetze wieder lauter werden, in der Worte verletzen und Menschen gegeneinander aufgebracht werden, brauchen wir Besonnenheit und Menschlichkeit. Wir brauchen das Bewusstsein, dass Freiheit und Demokratie auf Respekt und Mitgefühl beruhen.

Der Volkstrauertag ist kein Tag der Resignation – er ist ein Tag des Bewusstseins und der Verantwortung. Er erinnert uns daran, dass das, was wir heute als selbstverständlich empfinden – Frieden, Freiheit, Sicherheit – das Vermächtnis derer ist, die ihr Leben verloren haben.

Möge ihr Andenken uns verpflichten, wachsam zu bleiben. Möge ihr Opfer uns mahnen, nicht zu schweigen, wenn Unrecht geschieht. Und möge ihr Gedenken uns stärken, für Frieden, Freiheit und Toleranz einzutreten – hier in unserer Stadt, in unserem Land und in der Welt.“