Am 7. Juni 2025 um 14.00 Uhr startete die zweite Stadtführung mit Hans und Anna am Kultur- und Bürgerzentrum der Stadt Neustadt (Hessen). Nachdem es kurz zuvor noch heftig geregnet hatte, strahlte pünktlich zum Start die Sonne vom Himmel.
Nach einer kurzen Begrüßung durch Hans (Hans-Werner Sollorz) und Anna (Andrea Sollorz) ging es durch den Bürgerpark in Richtung Innenstadt. Unterwegs trug Anna ein Gedicht von Karl Faber zur Entstehung der Stadt vor. Hans erzählte allerlei Interessantes über Altertum und die damals hier lebenden Menschen bis hin zur Gründung Neustadts in 1272 durch Ludwig II. Der von der Stadt Neustadt und dem Bürgerparkverein schön gestaltete Bürgerpark sah vor 70 Jahren noch ganz anders aus, erfuhren die Gäste von Hans. Auf alten Bildern konnten sie sich davon überzeugen.
Ein Bericht aus dem Leben der Bürgergarde um 1840 war in einem Gespräch zwischen einem Unterleutnant (Sebastian Henkel) und seinem untergebenen Soldaten (Andreas Schönberg) zu hören. Darin ging es um die Wichtigkeit der Bürgergarde mit dem Bewachen der Feldfrüchte und der Stadt, wobei bei letzterem wohl eher das Bier und Kartenspielen im Vordergrund standen. Ein kurzer Bericht über die Geschichte der Bürgergarden von Sebastian Henkel rundete die Darstellung ab.
Zu den Stadtrechten der Stadt Neustadt gehörten damals auch Stadtsiegel. Anhand von Abdrücken der alten Siegel erfuhren die Anwesenden etwas über die Geschichte der Siegel und ihre Bedeutung bis heute. Hans klärte mit einem Schmunzeln darüber auf, dass lange Ohren auch etwas mit Beglaubigen und damit mit Siegeln zu tun haben. Wer Näheres dazu erfahren will, sollte nächstes Jahr zur Führung kommen.
Weiter ging es bis zur Schmiedegasse. Dort wurde aufgrund der engen Bauweise der Häuser ein Eindruck über die Verhältnisse im Mittelalter vermittelt. Hans erläuterte die damals landläufige Vorstellung, dass man sich nicht waschen durfte, da Wasser durch die Poren der Haut in den Körper eintreten könne und damit schwere Krankheiten verursachen würde. Während der Erzählungen von Hans und Anna kam ein kurzer Schauer, der aber nicht weiter gestört hat
Der Auftritt des Pfarrers (Holger Michel) zeigte anschaulich, dass ein Pfarrer zur Zeit der Reformation auch schimpfen konnte. Außerdem wusste er trefflich über die Zustände in der Gemeinde und im Umland zu berichten und sorgte damit für Erheiterung.
Immer wieder sehenswert: Ein Gang durch die Katholische Pfarrkirche mit dem schönen und reichhaltig geschmückten Altar, den Figuren und der passenden Geschichte aus der Bauzeit der Kirche und ihres Inventars.
Klatsch und Tratsch aus damaliger Zeit darf natürlich nicht fehlen. Im alten Rathaus erzählte eine Marktfrau (Marion Hill) die neuesten Klatschgeschichten über die Hexen in Neustadt und bot auch Schierlingssaft und Tollkirsche zum Trinken an. Natürlich alles gesund und geweiht.
Vor dem Besuch des Schlosses ging es am Haus der Vereine, dem alten Burgsitz des Reinhard Schenk von Schweinsberg vorbei, zu dem ein paar Worte gesagt wurden. Auf der Schlosstreppe berichtete der Schultheiß der Stadt Neustadt (Michael Launer) über den großen Stadtbrand in 1556 und darüber, dass für die Löscharbeiten an die Helfer ein Fuder Bier, das sind ca. 900 Liter, ausgegeben wurde.
Am Junker-Hansen Turm wartete bereits der Junker Hans von Dörnberg mit seinem Baumeister Hans Jakob von Ettlingen (Matthias und Markus Mix), um über den Turm und die anderen von Junker Hans in Auftrag gegebenen Bauten zu berichten. Als dann der Teufel (Tobias Sollorz) als Secretarius Diabolus des Junkers auftauchte, war klar, woher der Reichtum des Junkers kam.
Nach dem Erklimmen der 62 Stufen im steinernen Geschoss erschien der Teufel erneut, um ein wenig über den Junker Hans und seine beschwerliche Arbeit mit ihm zu berichten. So eine fordernde Seele benötige fast seinen ganzen Tag, so dass wenig Zeit für seine anderen Aufgaben bliebe, erzählte er.
Den Aufbau des Turmes im Innern mit seinen alten Holzverbindungen konnte man im dritten Obergeschoss bewundern. Auch wurde erläutert, wie anhand der dendrochronologischen Untersuchungen, deren Löcher in den alten Hölzern zu sehen waren, der Zeitpunkt der Erbauung des Turms genau festgestellt werden konnte.
Zum Abschluss durfte das, wie ein Gast es bezeichnete, „Balken Mikado“ im Turmhelm bewundert werden. Die relativ einmalige Konstruktion des sogenannten Balkenachtstrahls, also immer acht Balken, die nach oben für Befestigung des Turms sorgen und sich nach oben fortsetzen, sorgt für die nötige Stabilität, so dass der Helm seit dem Baubeginn allen Widrigkeiten trotzen konnte.
Damit war dann auch der Schlusspunkt einer zweistündigen Führung durch die Geschichte und mit Geschichten Neustadts erreicht. Abschließend ging es zum gemütlichen Kaffeetrinken in das alte Rathaus, wo noch ein wenig über das Gehörte und Gesehene gesprochen wurde und der bereitgestellte Kuchen die nötige Energie dazu gab.
Die Neustadtguides bedankten sich bei allen Mitwirkenden und auch bei den Gästen, die geduldig und interessiert den Vorträgen gefolgt sind und informierten, dass sie die Kostümstadtführung gerne im nächsten Jahr mit ein paar neuen Geschichten wiederholen werden.