Bürgermeister Groll: Wir werden uns auf magere Jahre einstellen müssen | Aktuelle Nachrichten und Informationen

An Neubau von KiTa und Feuerwehrhaus wird festgehalten, da sie notwendig sind

Bürgermeister Groll: Wir werden uns auf magere Jahre einstellen müssen

Neustadts Bürgermeister Thomas Groll sieht aufgrund der unverkennbaren Signale von Bund und Land finanziell magere Jahre auf die Städte und Gemeinden zukommen.

„Aus Berlin und Wiesbaden hört man, dass die Kassen leer sind, die Konjunktur noch nicht im gewünschten Maße anspringt, die globalen Entwicklungen Anlass zur Sorge geben und man daher an vielen Stellen mit Einschnitten rechnen muss“, fasst Groll die Situation zusammen.

Auf diese Situation müssten sich die Kommunen, darunter natürlich auch Neustadt, für 2026 und wohl auch die Folgejahre einstellen.

„Die Jahre des Schneller, Höher, Weiter sind nun erstmal vorbei. Ich fühle mich an die Jahre 2009 bis 2014 erinnert, die uns als kommunale Familie schon einmal vor solche Herausforderungen gestellt haben“, betont der Bürgermeister.

Man könne froh und dankbar dafür sein, dass die örtlichen Großprojekte wie etwa Kultur- und Bürgerzentrum, Frei- und Hallenbad, Waldstadion, Multifunktionales Haus Momberg, Haus für Alle Mengsberg oder „Grüne Mitte“ und Umbau „Zollhof“ erfolgreich umgesetzt und zudem solide finanziert seien. Hierfür hätte die Kommune keine Kredite aufnehmen müssen.

„Hier wurde gemeinsam von Kommunalpolitik, Verwaltung und beteiligten Unternehmen Großes geleistet. Wir haben im richtigen Moment zugegriffen und unsere Heimatstadt vorangebracht. Darauf können alle Beteiligten stolz sein“, stellt Thomas Groll fest. „In den kommenden Jahren wäre dies keinesfalls möglich. Als finanzschwache Kommune sind wir auf Fördermittel angewiesen und die werden zukünftig nicht mehr so fließen können wie in der Vergangenheit.“

Aus staatspolitischer Sicht heraus, so der Bürgermeister weiter, sei es richtig und notwendig, dass die Flüchtlingszahlen zurückgehen. Allerdings bedeute dies für Neustadt mittelfristig aufgrund der dann geringeren Belegung der Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung auch zurückgehende Schlüsselzuweisungen. Durch diese Gelder habe man in der Vergangenheit die Belastungen für die Bürger stabil halten können.

„Wie reagieren wir als Kommune auf die kommenden Herausforderungen für unsere Stadtkasse? Durch eine klare Prioritätensetzung bei investiven Projekten. Notwendige Dinge haben Vorrang vor allem anderen. Durch eine auch zukünftig sparsame Haushaltsführung und – ich muss dies leider sagen – durch Überprüfung aller städtischen Steuern, Gebühren und Beiträge. Vieles ist in den letzten Jahren teurer geworden, wir werden daher in den nächsten Monaten schauen müssen, wo Anpassungsbedarf besteht“, erläutert der Bürgermeister.

Fest stehe bereits eine Erhöhung der Grundsteuer. Diese beruhe auf einer Vorgabe des Landes. Wenn Kommunen unter den vom Land festgelegten Nivellierungssätzen liegen, erhalten sie weniger Zuschüsse und müssen mehr an die Kreise abführen. Gegenwärtig liegt der Hebesatz für die Grundsteuer B in Neustadt bei 310, der Nivellierungssatz dürfte 2026 nach ersten Ankündigungen bei 320 liegen.

Aber einen „Kahlschlag“ werde es in Neustadt auch zukünftig nicht geben. Man habe in der Vergangenheit klug gewirtschaftet, so dass man in der Lage sei, auf die neue Situation angemessen zu reagieren. Die Unterstützung von Hilfsorganisationen, Vereinen und Kultur werde natürlich fortgeführt, machten sie doch eine Kommune in besonderer Weise aus.

Thomas Groll geht auch davon aus, dass alle in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2028 angedachten baulichen Vorhaben umgesetzt werden, gegebenenfalls mit leichtem zeitlichen Verzug.

„Die bis voraussichtlich 2030 vorgesehenen Großprojekte „Neubau einer dritten Kindertagesstätte und eines Feuerwehrhauses in der Kernstadt werden ebenfalls weiter geplant und in der Folge umgesetzt. Hierfür gibt es rechtliche und tatsächliche Notwendigkeiten. Über das eine oder andere Detail wird sicher nochmals zu reden sein, aber nicht über das grundsätzliche Ob“, hebt der Rathauschef hervor.

Ebenso wie seine Amtskollegen wünscht sich Neustadts Bürgermeister eine Absenkung von Standards, mehr Freiheit für eigenständige Entscheidungen vor Ort und in Teilen ein geändertes Förderwesen.

„Nach meinem Dafürhalten müssen sich auch Bund und Land fragen, welche Priorität sie einzelnen Maßnahmen beimessen. Natürlich ist die Renaturierung von Gewässern wichtig, aber geht es heute nicht zuallererst darum die Infrastruktur funktionsfähig zu erhalten“, fragt Groll.

„Die Menschen erwarten zurecht auf allen staatlichen Ebenen Handlungsfähigkeit. Ansonsten laufen wir Gefahr, dass die Extreme noch stärker werden als sie es jetzt schon sind. Daran muss sich eine Prioritätenbildung der Bundes- und Landespolitik orientieren. Es müssen vorrangig Projekte zur Umsetzung kommen, die sich für viele Menschen positiv auswirken. Klientelpolitik hat bei knappen Kassen keinen Raum“, sagt Thomas Groll mit Entschiedenheit.

Der Bürgermeister hofft, dass Bund und Land diesen Wunsch, den nach seiner Einschätzung die allermeisten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister teilen, bei der Ausgestaltung des 500 Milliarden Sondervermögens berücksichtigen.

„Ich halte diese enorme Verschuldung für verantwortbar. Ebenso halte ich es für richtig, wenn eine Kommune Kredite aufnehmen muss, um generationsübergreifende Vorhaben wie Kindertagesstätten oder Feuerwehrhäuser umzusetzen. Wichtig aber ist, wie das Sondervermögen rechtlich ausgestaltet wird. Dass Meiste muss zu den Städten und Gemeinden kommen, denn wir tragen die Hauptlast der öffentlichen Investitionen. Die Beantragung muss einfach und die Abwicklung handhabbar sein. Wir hören so viel von Bürokratieabbau, jetzt kann er von Bund und Land bewiesen werden“, betont Groll.